Korrekter Umgang mit Toleranzen

Toleranzen in Fassadenbauteilen

Hohe Präzision und Verlässlichkeit kennzeichnet die Arbeit auf unseren Baustellen. Geringe Abweichungen vom Soll lassen sich dennoch nicht immer ganz vermeiden. Die Gründe dafür können höchst unterschiedlich sein. Für die Fachleute vor Ort stellen diese Abweichungen in aller Regel kein Problem dar. Umgang und Handling mit Toleranzen ist für sie eine tägliche Übung.

Bei der Planung und Ausführung einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade (VHF) müssen Planer und Monteure die folgenden Variablen berücksichtigen:

  • Toleranzen der Vorgewerke ( z. B. Rohbau)
  • Toleranzen bei der Herstellung von Systemkomponenten
  • Fertigungs- und Montagetoleranzen

Um Missverständnissen oder Fehlinterpretationen vorzubeugen:

Änderungen von Dimensionen oder Verformungen aufgrund veränderter Temperaturen, Lastwechseln oder der Aufnahme von Feuchtigkeit sind nicht als Toleranz zu verstehen.

Sie werden wesentlich von chemischen und/oder physikalischen Eigenschaften beeinflusst. Nicht zuletzt deswegen müssen entsprechende Änderungen oder Verformungen zusätzlich zu den Toleranzen bei der Planung und Fertigung einer VHF berücksichtigt werden.

Zulässige Toleranzen sind nach DIN 18202 geregelt. Ein genauer Blick zeigt: Verglichen mit den Regelungen für die Errichtung einer VHF sieht die Norm für Fassadenbauer ein deutlich breiteres Spektrum zulässiger Toleranzen vor. Für die Praxis bedeutet dies, dass zulässige Toleranzen der Vorgewerke deutlich großzügiger ausgelegt werden als bei der Errichtung einer VHF. Und das nicht ohne Grund, denn: VHF erfordern nicht zuletzt wegen des optischen Erscheinungsbilds ein möglichst hohes Maß an Genauigkeit und Präzision.

Korrekter Umgang mit Toleranzen

Toleranzabweichungen einer VHF

Für Toleranzabweichungen einer VHF gilt: Maßabweichungen des Verankerungsgrunds sind grundsätzlich vor Montagebeginn zu prüfen, zu dokumentieren und dem Bauherren bzw. seinem Bevollmächtigten zeitnah anzuzeigen.

  • Werden Soll-Ist-Differenzen von mehr als 20 Millimeter zum Verankerungsgrund festgestellt, dann sind diese gesondert zu berücksichtigen und erforderliche Ausgleichsmaßnahmen zu vereinbaren.
  • Beträgt der Abstand der Außenschale unter Berücksichtigung der Soll-Ist-Differenzen weniger als 20mm, so muss durch die VHF ein entsprechender Ausgleich gewährleistet werden.

Bevor der Fassadenbauer mit seiner Arbeit beginnt, sollte eine „Bestandsaufnahme“ erfolgen. Dabei sind die Arbeiten der Vorgewerke – wie zum Beispiel des Roh- und Fensterbaus – durch den Auftraggeber abzunehmen. Erst im Anschluss können die Arbeiten für Folgegewerke wie das der Fassadenbauer freigegeben werden. Ein Abnahmeprotokoll dokumentiert folgende Parameter:

  • Grundlage der Vereinbarungen für Maßtoleranzen (z. B. DIN 18202)
  • Individuelle Vereinbarungen für Maßtoleranzen
  • Einhaltung bzw. Abweichung der Maßtoleranzen
  • Messprotokolle
  • Soll- und Ist-Tabellen

Für die Praxis bedeutet dies, dass das Abnahmeprotokoll dem Fassadenbauer vor Ausführungsbeginn zur Verfügung gestellt werden muss. Der Experte für VHF vergleicht und überprüft dann anhand des Messprotokolls die tatsächlichen Abweichungen mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten des Toleranzausgleichs. Diese ergeben sich aus der Ausführungsplanung sowie der Werk- und Montageplanung.

Wichtig zu beachten: Neben einer negativen Beeinflussung der Gebrauchstauglichkeit können die zulässigen Toleranzen auch die Tragsicherheit des gesamten Gebäudes negativ beeinflussen. Vor diesem Hintergrund sind in der Ausführungsplanung der Vorgewerke gegebenenfalls Toleranzmaße unter Beachtung der DIN 18202 zu reduzieren. Findet eine entsprechende Reduzierung nicht statt, dann müssen die erforderlichen Maßnahmen gesondert beauftragt werden.

Systemspezifische Qualitätsanforderungen einer VHF

Die systemspezifischen Qualitätsanforderungen einer VHF stellen erhöhte Anforderungen an die Vorgewerke. Die jeweiligen Herstelltoleranzen der Systemkomponenten sind in Normen, Zulassungen sowie Bewertungen und Werknormen festgehalten:

  • Längen-, Breiten- und Dickentoleranzen
  • Ebenheitstoleranzen
  • Farbton- und Glanzgradabweichungen
  • Diese systemspezifischen Toleranzen der Komponenten sind bereits bei der Planung einer VHF zu beachten. Sofern es erforderlich sein sollte, sind diese per Grenzmuster zu vereinbaren. Weitergehende Bedingungen müssen gesondert vereinbart werden.
  • Insgesamt – und das ist wichtig für Planung und Ausführung – unterliegen VHF analog zur ATV DIN 18351 (Abschnitt 3.1.4) den Anforderungen der DIN 18202 – Maßtoleranzen im Hochbau.

Erhöhte Anforderungen wie in DIN 18202 formuliert, sind gesondert zu vereinbaren. Für alle Vereinbarungen bezüglich „erhöhter Anforderungen“ gilt, dass sie am Einzelfall anwendungsbezogen unter Berücksichtigung von Detailanschlüssen und Schnittstellen zu Systembauteilen geplant werden müssen. Montage-Erfordernisse sind dabei zu berücksichtigen. Aufgabe des Planers ist es, darüber hinausgehende Anforderungen hinsichtlich der verwendeten Materialien und Systeme zu erkennen – und auch umzusetzen.

Abweichungen des Fugenbilds

Nicht nur bei fugenbetonten Fassadenbekleidungen sorgt ein einheitliches Fugenbild für einzigartige optische Akzente einer VHF. Aus den vorbeschriebenen Gründen sind Abweichungen in der Fugenbreite bei der Errichtung einer VHF nicht gänzlich vermeidbar. Grundsätzlich ist es aber Aufgabe der Planer und der Montageteams, die Bedeutung der Fuge für das optische Erscheinungsbild des Gebäudes angemessen zu berücksichtigen. Gemäß der ATV DIN 18351 (Abschnitt 3.4.1.1) wird verlangt, dass Fugen gleichmäßig herzustellen sind. Zum besseren Verständnis: Von einem „gleichmäßigen“ Fugenbild im Sinne der DIN 18351 kann im Allgemeinen dann gesprochen werden, wenn mit bloßem Auge aus drei Metern Entfernung keine erkennbaren Abweichungen sichtbar sind.

Auch beim Fugenbild gilt: Etwaige Toleranzen müssen bei der Planung berücksichtigt und vereinbart werden. Ausgleichsmöglichkeiten in der Konstruktion sind ebenfalls zu berücksichtigen.

Weiterhin treffen entsprechende Vereinbarungen Aussagen über folgende Parameter:

  • Untergrundtoleranzen
  • Produkttoleranzen
  • Zuschnitttoleranzen
  • Montagetoleranzen

Darüber hinaus ist es erforderlich, zulässige Toleranzen und deren Messmethoden an der fertiggestellten VHF hinsichtlich der folgenden Parameter zu vereinbaren:

  • Länge und Breite der jeweiligen Bekleidungen
  • Abweichungen von Fluchten und Höhen
  • Fugenbreite und Fugenversatz
  • Ebenheit der Fassaden
  • Farbe, Glanz und Oberfläche.

Wichtig zu wissen: Toleranzen fertiger Fugenbreiten errechnen sich auf Grundlage temperatur- und materialbedingter Dimensionsänderungen sowie den zulässigen Produktions- und Montagetoleranzen. Vereinbarungen sollten mit mindestens ± 20 Prozent getroffen werden.

Berechnungsbeispiel: Die Fugenbreite beträgt 10 Millimeter. Demzufolge sieht die Vereinbarung eine tatsächliche Fugenbreite von 8 bis 12 Millimeter vor (± 20 Prozent). Grundsätzlich ist aber der Gesamteindruck des Fugenbilds maßgeblich.

In puncto Ebenheit gilt: Die Bekleidung einer VHF sollte eben sein. Etwaige Unebenheiten des Verankerungsgrunds sollten bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Mit konstruktiven Maßnahmen lassen sich diese Unebenheiten ausgleichen. In Abhängigkeit von der jeweiligen Fassadenbekleidung sind individuelle Toleranzen zu vereinbaren.

In den Bereichen Farben, Glanz und Oberflächen stehen meist Muster zur Verfügung. Idealerweise sind Grenzmuster so zu vereinbaren, dass sich Farben und Glanz innerhalb festgelegter Werte bewegen können.

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